10. Dicker Turm
Der Dicke Turm diente im Mittelalter als letzte Zufluchtsstätte bei einer Belagerung, und zugleich als wichtiger Stützpunkt für Armbrustschützen, die von der Plattform aus das Untere Tor beschießen konnten, sowie Belagerungsgeschütze. Er gehört mit über 15,20 m Durchmesser (d.h. 50 Fuß) zu den mächtigsten Burgtürmen in Deutschland überhaupt. Die Wände sind unten 4,3 m dick. Unterhalb des ursprünglichen Eingangs (in 8 m Höhe) befand sich ein Gewölbe, ein weiteres unterhalb des Obergeschosses unter dem Holzdach. Die Mauern reichen bis auf den festen Fels hinab. Das oberste Geschoss mit dem Zinnenkranz wurde Ende des 14./ Anfang des 15. Jahrhunderts errichtet, wie ein Vergleich mit dem Rathaus in Göttingen belegt. Ein Aborterker und zwei große, später vermauerte Fenster (eines nach Osten und eines nach Norden) deuten darauf hin, dass die obere Etage bewohnt wurde. An Stelle der Fenster fügte man im 16. Jahrhundert Kanonenscharten ein. Um 1542 wurde das hohe Spitzdach des Turmes abgenommen. Aufgrund der nunmehr eindringenden Nässe stürzten die Gewölbe im Inneren ein.
Der untere Teil des Turmes, der aufwändig mit Sandsteinquadern verkleidet ist, geht vermutlich auf den Grafen Hermann II. von Winzenburg zurück. Seine Fläche entspricht annähernd der des Fünfeckturmes der Winzenburg bei Alfeld, den der konkurrierende Hildesheimer Bischof nach dessen Ermordung 1152 bauen ließ. Am ursprünglichen Eingang des Turmes auf der Plesse hatte sich im Mauerwerk ein Holzbrett erhalten, das auf die Zeit nach 1165 datiert werden konnte. Es war zwar in Zweitverwendung verbaut, deutet aber darauf hin, dass damals der Bau des Turmes fortgeführt wurde. Der westliche Teil des Turmes war Anfang des 19. Jahrhunderts teilweise eingestürzt und wurde bei der Restaurierung 1853/54 wieder aufgemauert. Aus dieser Zeit stammen eine Fensternische, die sich im Süden auf der Höhe des ursprünglichen Eingangs befindet, und ein Doppelbogen, der darüber im obersten Geschoss liegt. 1861/62 schuf man den Zugang im Osten und konstruierte innen eine breite Wendeltreppe, ein Meisterwerk der Zimmermannskunst. 1985 wurde der verbliebene Schutt bis auf den Fels hinab ausgeräumt. 1993-96 wurde der Turm saniert und mit einer Kalkschlämme versehen.
Bild 1: Querschnitt durch den Dicken Turm; dunkelgrau: ältester Teil, wohl um 1140, hellblau: Wohngeschoss aus dem späten 14./ frühen 15. Jahrhundert, orange: im 19. Jahrhundert wieder aufgebauter Teil (Zeichnung: Thomas Küntzel). A: ursprünglicher Eingang, B: ehemalige Gewölbe, C: Fensternische, 19. Jahrhundert, D: Schießscharte, 19. Jahrhundert (neben der Treppe 16. Jahrhundert), E: Belüftungsfenster, 15. Jahrhundert? F: Aborterker, G: ehemalige Fensternische, H: Doppelbogen-Nische, 19. Jahrhundert, J: ehemaliges Dach, vor 1542.
Bild 2: Maßstäblicher Vergleich des Dicken Turmes der Plesse (oben) mit dem Fünfeckturm der Burg Winzenburg (unten).
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