8. Alter Herrenbau
Der Alte Herrenbau wurde im 19. Jahrhundert weitgehend wieder aufgebaut. Mittelalterlich bzw. frühneuzeitlich sind vor allem die westliche Giebelwand mit dem Kamin und der östliche Teil mit der Küche des Burgrestaurants. Der östliche Bauteil geht noch auf einen Wohnturm aus dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts zurück, wie ein einteiliges, rundbogiges Fenster im Ostgiebel belegt. Es ist als „Fertigbauteil“ aus Gips gegossen, ähnlich den Äbtissinnengrabsteinen in Quedlinburg, die um 1120/30 datiert werden. Ein ähnliches Fenster gab es in der Westwand (heute innerhalb des Gebäudes). Äbtissin Beatrix II. war eine Schwester des Grafen Hermann II. von Winzenburg; sie dürfte die Technologie an ihren Bruder weitervermittelt haben. Der Keller unter der Gaststube wurde 1981 ausgegraben und wieder hergestellt. Im Gang zu den Toiletten ist im „archäologischen Keller“ eine Trompe zu sehen, d.h. ein Eckgewölbe, das vermutlich die Feuerstelle eines Kamins trug, sowie der alte Kellereingang. Vom Obergeschoss, das aus Fachwerk bestand, führte in 8 m Höhe eine Brücke zum ehemaligen Eingang in den Dicken Turm.
Die Gaststube besitzt eine typische, historistische Holzdecke aus dem 19. Jahrhundert. Vom Burghof aus betrachtet, sollte damals bei der Restaurierung der Eindruck einer Ruine gewahrt bleiben; dies erreichte man mit einem Pultdach zum Tal hin, das vom Hof aus nicht sichtbar ist. In dem Saal ist ein Wappenstein zu sehen, der am Mitteltor verbaut war, und eine Inschrift, die 1571 bei der Inbesitznahme der Burg durch den hessischen Landgrafen am Unteren Tor angebracht wurde; heute befindet sich dort eine Kopie.
Bild 1: Plan und Aufriss der Ruine des Alten Herrenbaus von 1857, vor dem Wiederaufbau (aus: Martin Last, Großer Plesseführer, 1977, S. 99).
Bild 2: Rekonstruktion des romanischen Wohnturmes (Ansicht von Südosten, oben) und perspektivische Darstellung des archäologischen Kellers (von Nordosten, unten); A: erhaltenes Fenster im Ostgiebel, B: nicht mehr sichtbares Fenster, C: ehemalige Ringmauer (Toiletten hinter dem Großen Turm), D: ehemaliger Kellereingang, E: rekonstruierter Gewölbekeller, F: Torbogen bei den Toiletten, G: „Trompe“ (Eckgewölbe) als Unterbau für eine Kamin-Feuerstelle, H: heutiger Eingang in die Gaststätte (aus: Thomas Moritz, Ein Feste Burg - Die Plesse. Begleitband zur Ausstellung in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Neubau, Foyer/ Braunschweigisches Landesmuseum, Ausstellungszentrum hinter Ägidien (Braunschweig 2002), S. 84).


